Klinker
Klinkerriemchen
OSLO
perlweiß, glatt
Klinker
Klinkerriemchen
FARO
schwarz-nuanciert, glatt

Schwarz auf Weiß - Mehrfamilienhaus in Kaunas

Foto © Röben/Jannes Linders

Das Mehrfamilienhaus im litauischen Kaunas fällt schon auf den ersten Blick durch seine vertikal strukturierte, kontrastreich in Schwarz und Weiß gestaltete Klinkerfassade auf. Ein besonderes architektonisches Detail ist die auf dem Gründach als „Pavillon“ aufgesetzte Penthouse-Wohnung. Klinker: OSLO perlweiß, FARO schwarz-nuanciert.

Mit rund 300.000 Einwohnern ist Kaunas nach dem Regierungssitz Vilnius die zweitgrößte Stadt Litauens. Aufgrund ihrer einzigartigen Architektur aus unterschiedlichen Epochen wurde die Kommune 2015 mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet und in die UNESCO-Liste der kreativen Städte (UNESCO Creative Cities Network) aufgenommen. Sehenswert ist in diesem Zusammenhang nicht nur das Zentrum, sondern auch das nördlich angrenzende, seit den 1920er-Jahren neu entstandene Viertel Žaliakalnis. Der locker bebaute und überaus grüne Stadtteil ist vor allem durch seine heterogene Bebauung geprägt; Gebäude aus der Zeit der Klassischen Moderne stehen dabei unvermittelt neben flachen Holzhäusern oder schmucklosen Neubauten. Dazwischen finden sich außerdem zahllose Häuser, deren willkürliche Erweiterungen bis heute von der jahrzehntelangen sowjetischen Ära des Landes zeugen.

 

Einen gelungenen Akzent in dieser Umgebung schafft das kürzlich in weißer Klinkerarchitektur fertiggestellte Mehrfamilienhaus in der Straße A. Mackevičiaus. Ausgehend vom geforderten Raumprogramm und den verschiedenen Bezugspunkten vor Ort haben die beauftragten Architeken vom Büro New Folder einen elegant geschwungenen Neubau mit abgerundeten Gebäudekanten geschaffen, dessen unregelmäßige Grundrissform dem Verlauf der Straßenkurve folgt. Eine Besonderheit ist das nach Osten deutlich zurückspringende Erdgeschoss, das Raum für zusätzliche Pkw-Stellflächen schafft. Die „fehlende“ Fläche haben die Architekten als schwarz verklinkerten „Pavillon“ auf dem begrünten Dachgeschoss aufgesetzt. Im Ergebnis ist ein überaus lebendiger und kontrastreicher Klinkerbau entstanden, der insgesamt sieben Wohnungen mit einer Fläche von insgesamt 440 Quadratmetern zur Verfügung stellt. Für eine nachhaltige Stromversorgung wurde eine Photovoltaikanlage auf der Dachfläche des Aufbaus installiert.

 

Plastisch-fließende Gebäudelinien

Zusätzliche Dynamik erhält der Neubau durch die großen, betont unregelmäßig platzierten Fensteröffnungen und die vereinzelt vorspringenden Balkone: „Mit diesen vielfältigen Details haben wir ganz bewusst den Charakter der historischen Zwischenkriegsarchitektur von Kaunas aufgegriffen“, beschreiben die beiden Architekten Andrius Gabrys und Mantas Jankauskas den Ansatz ihres Büros. „Durch die unregelmäßige Grundrissform und die plastisch-fließenden Gebäudelinien ergeben sich aus verschiedenen Blickwinkeln ganz unterschiedliche Ansichten und Perspektiven. Das Gebäude erscheint damit so lebendig wie sein städtebaulicher Kontext.“ Eine wichtige Rolle spielt hierbei auch das mit einer dunklen Holzterrasse gestaltete Gründach, mit dem die Architekten das Motiv der begrünten Innenhöfe in der Umgebung aufgreifen und von wo aus die Bewohner eine schöne Aussicht über das Viertel genießen. Ein weiter Ausblick bietet sich dabei auch auf die strahlend-weiße Kirche Christi Auferstehung, die in den 1930er-Jahren im Stil der Neuen Sachlichkeit erbaut wurde und die zu den bedeutendsten Sakralbauten in Litauen zählt.

 

Klinkerfassade in Schwarz und Weiß

Die Umsetzung des Entwurfs erfolgte als Stahlbetonbau mit außenliegender Klinkerfassade. Ausgehend vom gewünschten Schwarz-Weiß-Kontrast entschieden sich die Architekten gemeinsam mit dem Bauherrn für Röben Keramik-Klinkerriemchen OSLO perlweiß glatt und FARO schwarz-nuanciert glatt. Die auf einer Fläche von 470 bzw. 80 Quadratmetern verarbeiteten Steine erfüllen die hohen Qualitätsanforderungen und heben sich kraftvoll ab von den schwarzen Fensterrahmen, der schwarzen Attikaverblendung oder den dunklen Holzböden im Bereich der Balkone und Dachterrasse. Die dunklen Riemchen im Bereich der Dachterrasse stellen andererseits einen schönen Materialkontrast zu der geschosshoch ausgebildeten und in den Kantenbereichen sanft abgerundeten Glasfassade des aufgesetzten Volumens her.

 

Die Besonderheit der Fassade ist jedoch die vertikale Verarbeitung der Riemchen. Dabei wurde außerdem auf die horizontale Fuge zwischen ihnen verzichtet, so dass die Steine mit kaum sichtbarem Zwischenraum übereinander angeordnet sind. Dies erhöht nicht nur den keramischen Anteil der Fassade insgesamt: Optisch entsteht der Eindruck senkrecht verlaufender, wie in einem Linienraster parallel angeordneter Steinreihen. Betont wird die elegant gerasterte Außenhülle durch die Wahl des schmalen Dünnformats von 240 x 52 Millimetern. Das Ergebnis ist eine homogene, beinahe abstrakt wirkende Fassade, die eindrucksvoll die hohe architektonische Qualität des Neubaus unterstreicht.

 

Planung: new folderKaunas (LIT)