Breda (NL): Mystische Skulpturen
Photo © RöbenNach den Erfahrungen aus den 1960er- und 1970er-Jahren hatten Wohnhochhäuser lange Zeit einen denkbar schlechten Ruf. Erst in den letzten Jahren ist es durch neue Typologien und veränderte Wohn- und Gestaltungskonzepte gelungen, der Bauaufgabe neues Leben einzuhauchen.
Eine weitere ungewöhnliche Umsetzung des Themas zeigen die drei vor wenigen Monaten fertiggestellten Wohntürme von Bedaux de Brouwer Architecten in der 180.000 Einwohner zählenden niederländischen Stadt Breda. Rund drei Kilometer südwestlich vom historischen Zentrum, und im Übergang zu einem angrenzenden Wald entsteht hier der neue Wohnpark „Sculptura“, der bis 2015 insgesamt 340 Wohnungen für rund 1.000 Bewohner zur Verfügung stellen soll. Neben einem ersten Bauabschnitt mit freistehenden Einfamilienhäusern sowie vier U-förmig geschnittenen Wohnblöcken umfasst das neue Quartier auch die drei schwarz verklinkerten, jeweils 18-geschossigen Wohntürme von Jacq. de Brouwer mit insgesamt 163 flexibel geschnittenen Wohneinheiten.
Wie in einem Science-Fiction
Die drei identischen „Skulpturen“ weisen die beachtliche Höhe von jeweils 60 Metern auf und sprengen damit ganz bewusst jeglichen Maßstab vor Ort. Statt sich zurückhaltend ihrer Umgebung anzupassen, behaupten sich die drei Baukörper damit betont selbstbewusst gegenüber der umgebenden Landschaft und dem nordöstlich angrenzenden Stadtviertel „De Heuvel“ mit seiner monotonen Bebauung aus den 1950er-Jahren; fast so, als befände man sich plötzlich mitten in einem Science-Fiction und stünde dort gänzlich unerwartet vor einer futuristischen „Wohnmaschine“. Akzentuiert wird das ungewöhnliche Gestaltungskonzept durch eine rhythmisch-versetzte Anordnung der unterschiedlich hohen und unregelmäßig platzierten Balkonauskragungen. Zwei weitere charakteristische Details sind die schmalen doppelgeschossigen Fensterfugen sowie die abstrakt-geometrische Struktur der Außenanlagen oberhalb der Tiefgaragen.
Schwarze Außenhülle
„Der Stadt Breda und dem Bauherrn, der Ontwikkelingscombinatie Wonen Breburg & Nederlandse Bouw Unie, schwebten für diesen Standort ein Projekt mit Landmark-Charakter vor“, erklärt Jacq. de Brouwer die ungewöhnliche Formgebung. „Um diese städtebauliche Vorgabe umzusetzen, haben wir nach einer Architektur gesucht, die einerseits etwas Mystisches hat und auf sich aufmerksam macht, die andererseits aber nicht mit der Mode geht, um so hoffentlich langfristig Bestand zu haben.“
Eine entscheidende Rolle für den Charakter der Gebäude spielt das Gestaltungskonzept für die Fassaden. Um den mystischen und abstrakt-skulpturalen Eindruck der Architektur zu betonen und die Bebauung gleichzeitig an die Klinkerarchitektur der Nachbarbauten und der Wohnblöcke in „De Heuvel“ anzupassen, wählte Jacq. de Brouwer erneut „seinen“ Keramik-Klinker FARO schwarz-nuanciert im 210x100x52 Millimeter großen Waalformat, den er auch schon bei zahlreichen anderen Projekten eingesetzt hat: „Mit seinem dunklen, elegant-schwarzen Farbton haben wir unser Fassadenkonzept optimal umsetzen können“, so der Architekt. „Außerdem haben wir mit dem Stein die Gewissheit, dass die Fassaden auch in 15 Jahren noch genauso hochwertig aussehen wie heute.“
Fertigteile unter Balkonauskragungen
Die Ausbildung im Läuferverband mit dunklen Fugen hat eine dichte Textur entstehen lassen, die den reliefartigen Charakter der rhythmisch verspringenden Mauerwerksabschnitte noch verstärkt. Eine technische Herausforderung war die Ausbildung der Decken unterhalb der vorspringenden Balkonauskragungen. Für einen sicheren und zügigen Baufortschritt kamen hier Fertigteile zum Einsatz.
Ein weiteres ungewöhnliches Gestaltungselement sind die ebenfalls verklinkerten Wandscheiben, die links oder rechts neben den schmalen doppelgeschossigen Fensterfugen um rund 40 Zentimeter aus der Fassade hervorstoßen und so die Plastizität des Bauwerks betonen. Als weitere Details wurden Französische Balkone aus Edelstahl vor den Fugen sowie durchgehende horizontale Fassadenbänder aus steinfarben beschichteten Stahlpaneelen integriert, die jeweils zwei Geschosse zu einer Einheit zusammenfassen. Im Zusammenspiel der verschiedenen Elemente ist den Architekten ein ungewöhnliches Fassadenkonzept gelungen, das eindrucksvoll die individuelle Ästhetik der drei Neubauten unterstreicht.
Künstlergruppe als Namensgeber
Ebenso ungewöhnlich wie die Architektur präsentiert sich auch die Namensgebung der drei Türme. Denn mit „Constant“, „Appel“ und „Corneille“ beziehen sich die Planer ganz explizit auf die 1948 gegründete avantgardistische Künstlergruppe CoBrA, der auch die drei niederländischen Künstler Constant, Karel Appel und Corneille angehörten (der Name leitet sich aus den Anfangsbuchstaben der drei Städte Copenhagen, Brüssel und Amsterdam her, aus denen die Gründungsmitglieder der Gruppe stammten).
Planung: Bedaux de Brouwer, Goirle (NL)
Fotos: Michael Kievits, Breda (NL)