Klinker
Klinkerriemchen
MOORBRAND
lehm-bunt

Neustart in der Neustadt - die Bremer Weserhöfe

Photo © Röben/Barlo Fotografik

Auf dem ehemaligen Firmengelände eines Bremer Nahrungsmittelherstellers ist ein innenstadtnahes Quartier mit 266 Wohnungen sowie zusätzlichen Büroflächen entstanden. Planung: léonwohlhage, Berlin und Hilmers Lamprecht Architekten, Bremen. Fassade: Röben Klinker und Klinkerriemchen MOORBRAND lehm-bunt.

Mit ihren zahlreichen Betrieben für die Produktion von Kaffee, Bier, Schokolade und Zigaretten hatte sich die Bremer Neustadt seit Mitte des 19. Jahrhundert zu einem typischen Arbeiterviertel entwickelt. Neben Jacobs oder Beck's waren hier und im angrenzenden Stadtteil Woltmershausen auch Konzerne wie Hachez oder die europaweit größte Tabakfabrik Brinkmann ansässig. Mittlerweile gilt die Neustadt als beliebtes Wohn- und Szenequartier. Auf der Suche nach neuem Baugrund werden daher auch brachliegende ehemalige Firmengelände erschlossen und nachverdichtet.

 

Ein gutes Beispiel dafür sind die auf dem ehemaligen Firmengelände des Nahrungsmittelherstellers Mondelez errichteten WeserHöfe. Das mit lehm-bunten Verblendern gestaltete Quartier stellt insgesamt 266 Eigentums- und Mietwohnungen bereit und profitiert dabei von seiner attraktiven Lage direkt an der Kleinen Weser und in unmittelbarer Nähe zur Bremer Innenstadt. Die Bebauung wurde in enger Kooperation zwischen der Hanseatischen Projektentwicklung, dem Bremer Immobilienunternehmen Justus Grosse und der Bremer Wohnungsbaugesellschaft GEWOBA realisiert. Insgesamt 80 Wohnungen wurden dabei als preisgebundene Einheiten vermietet. Ökologisch punkten die Neubauten mit Gründächern und einem Blockheizkraftwerk für die Wärmeversorgung.

 

Mit der Planung der Häuser 1 bis 4 war das renommierte Berliner Architekturbüro léonwohlhage beauftragt worden, das im Rahmen des vorab durchgeführten Wettbewerbs insbesondere durch die gute Einbettung in die Umgebung punkten konnte. Das Bremer Büro Hilmes Lamprecht Architekten war zusätzlich für Haus 5 und 6, also für den für die Vermietung vorgesehenen Teil des Projektes verantwortlich.

 

Urbane Passage

Ausgehend von der Grundstückslage am Eingang zur Alten Neustadt entwickelten die Planer einen langgestreckten, dabei abwechslungsreich abgestuften Block mit variierenden Gebäudehöhen, der sich in Richtung Westen unter anderem mit zwei fünfgeschossigen Bürogebäuden entlang der vielbefahrenen Langemarckstraße misst. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch der an der Kreuzung Langemarckstraße/Am Deich rundum sanierte ehemalige Jacobs-Turm, in dem seit einigen Jahren der international tätige Ingenieurdienstleister Brunel ansässig ist.

 

Stirnseitig ergänzt die Bebauung die heterogen bebaute Gebäudezeile zur Kleinen Weser nach Norden sowie zur Grünenstraße in Richtung Süden. Im Übergangsbereich zu der westlich angrenzenden Bebauung entlang der Langemarckstraße ist dabei rückseitig auch ein Hof entstanden, der durch die Öffnung nach Süden und Norden gleichzeitig als private Durchwegung für die Bewohnerinnen und Bewohner fungiert. Ein zweiter Innenhof wurde in Richtung Osten geschaffen, wo der Neubau einen gemeinsamen Blockrand mit der Bebauung an der Häschenstraße bildet.

 

Verblender mit sandig-warmer Oberfläche

Um eine deutliche Aufwertung des Standorts zu erreichen und eine nachhaltige Architektur mit dauerhaft geringen Unterhaltungskosten sicherzustellen, stand die Wahl des Fassadenmaterials Klinker schon frühzeitig fest. In enger Absprache zwischen allen Beteiligten kam schließlich der Röben Handform-Verblender MOORBRAND lehm-bunt im Normalformat zum Einsatz. Neben 8.000 Quadratmeter Mauerwerk wurden dabei auch 1.600 Quadratmeter geschnittenes Material als Riemchen für die Balkonbrüstungen und Balkonbalken sowie 2.500 Meter Verblendstürze in unterschiedlichen Formaten im Halbsteinverband von Röben auf die Baustelle geliefert.

 

Die weitgehend im homogenen Läuferverband gemauerten und dabei hellgrau verfugten Steine schaffen den offenen und freundlichen Charakter der Architektur und bilden gleichzeitig einen schönen Kontrast zu den anthrazitfarben eingefassten Fenstern. Ein schönes Detail sind dabei auch die zurückliegend gemauerten Flächen neben den Fenstern, die ganz subtil die Plastizität der Fassaden und des Baukörpers hervorheben: „Der Stein hat uns vor allem durch seine sandig-warme Oberfläche und die leicht changierende Farbgebung überzeugt. Das macht die Fassade lebendig!“, erklärt Architektin Meltem Tekin. Hinzu kommt der Bezug zur Umgebung: „Das Gebäude spielt in Gesamtstruktur und Kubatur mit verschiedenen Ebenen – die Wahl des Steins ist dabei fundamental. Und das war uns hier besonders wichtig, um inmitten der angrenzenden Gewerbebauten einen angenehm warmen Fassadeneindruck zu erreichen.“

 

 

Planung:

léonwohlhage, Berlin

Hilmers Lamprecht Architekten, Bremen

 

 

Drei Fragen an Architektin Meltem Tekin über die Bremer WeserHöfe

 

Frau Tekin, Die WeserHöfe sind nicht das erste Projekt von léonwohlhage in der Hansestadt Bremen. Was macht die besondere Qualität des Standortes aus?

 

Meltem Tekin: Das ist richtig, in den vergangenen Jahren haben wir bereits das Bürogebäude Port 6 und die Flusshäuser am Weserufer realisieren dürfen. Und mit dem diesjährigen 1. Preis beim Wettbewerb für das Tabakquartier erwartet uns ein weiteres spannendes Projekt vor Ort. Und wie zuvor hatten wir auch bei den WeserHöfen die Chance, direkt am Wasser bauen zu können. Das Besondere bei dem Projekt ist außerdem die besondere Lage und Funktion des Standortes als Scharnier zwischen der Innenstadt und der Alten Neustadt mit bisher eher kleinteiliger gewerblicher Nutzung im Umfeld. Mit unserer Bebauung haben wir die Möglichkeit genutzt, diesen Übergangsbereich nachzuverdichten und deutlich aufzuwerten. Entstanden ist eine Art „Tor“ als Auftakt zur Innenstadt bzw. zur Alten Neustadt.

 

Welches Konzept haben Sie dabei verfolgt?

 

Meltem Tekin: Eine zentrale Rolle innerhalb der Bebauung spielen die beiden Höfe – der eine als privater Innenhof, der andere als urbaner Hof. Der urbane Hof fungiert dabei nicht als klassischer Innenhof, sondern als eine durchlässige „Passage“, die nicht nur eine Adresse für die Bewohner schafft, sondern die auch für alle anderen Bremerinnen und Bremer nutzbar wird.

 

Eine wichtige Rolle spielt die Gestaltung der Fassaden. Was waren die Gründe für die Wahl der MOORBRAND-Verblender?

 

Meltem Tekin: Die Fassaden bilden letztlich eine Fortentwicklung der gesamten Gebäudestruktur. Prägend ist das Spiel von vertikalen wie horizontalen Vor- und Rücksprüngen, das verschiedene Freiflächen einbindet und einzelne Häuser ablesbar macht. Mit den gewählten Klinkern haben wir trotz dieser differenzierten Struktur einen einheitlichen Gesamteindruck erreicht und eine Anbindung an die Stadt Bremen mit ihrer langen Backsteintradition geschaffen. Die gewählten MOORBRAND-Verblender haben uns dabei vor allem aufgrund ihrer changierenden Oberfläche und ihrer natürlichen Materialität überzeugt. Die unterschiedlichen Farbnuancen greifen die Staffelung der Baukörper auf und betonen so das lebendige Spiel innerhalb der Fassade. Besonders dankbar sind wir dabei, dass der Bauherr dazu bereit war, den Stein trotz der etwas höheren Kosten auch im Bereich des geförderten Wohnungsbaus in Haus 5 und 6 zu verwenden.