Krakau (PL): Neuer Campus am Weichsel-Boulevard
Photo © RöbenDer imposante Komplex liegt am Weichselufer im bislang wenig attraktiven Krakauer Stadtviertel Zablocie, der vorwiegend von Industrie-, Lager- und Militärobjekten geprägt war.
Seit Jahrhunderten ist Krakau eines der wichtigsten Bildungszentren Polens. In den elf Hochschulen der Stadt sind 51.000 Studenten eingeschrieben. An allen höheren Bildungseinrichtungen zusammen gibt es in Krakau rund 160.000 Studenten.
Die jüngste Hochschule, die Krakauer Andrzej Frycz Modrzewski Hochschule, ist in den Jahren 2003 bis 2005 entstanden. Der imposante Komplex liegt am Weichselufer im bislang wenig attraktiven Krakauer Stadtviertel Zablocie, der vorwiegend von Industrie-, Lager- und Militärobjekten geprägt war. Das Krakauer Architektenbüro DDJM wurde von den Stadtbehörden beauftragt, die Qualität des öffentlichen Raumes und das Verkehrssystem an diesem Teil des Weichselufers zu verbessern. So soll entsprechend dem Nutzungsplan von Zablocie durch eine Revitalisierung des Gebietes letzlich dessen gesamter Charakter verändert werden.
Ein Bestandteil dieses Entwicklungsplanes ist der Neubau der Krakauer Hochschule. Der erste Bauabschnitt mit dem Hauptgebäude mit Hör- und Computersälen, Bibliothek, und Mensa wird seit 2003 genutzt, der zweite mit Rektorat und Hörsaal seit 2005. Der dritte Abschnitt wird zurzeit realisiert. Hier werden eine weitere Bibliothek, ein Studentenhotel und -restaurant sowie Verwaltungsräume gebaut. Noch ist der Komplex weitgehend isoliert von seiner Umgebung, doch mit dem letzten Abschnitt entsteht ein Gebäude mit einer Passage, die einen Zugang zum Uferboulevard ermöglicht. So hat die attraktive Lage des Campus im Bereich der Kotlarski-Brücke, den Weichsel-Boulevard entlang, bereits zu einer deutlichen Aufwertung des Stadtteils beigetragen.
Hochschule mit Verkehrs-, Lern- und Erholungszone
Im städtebaulichen Konzept des Architekten für die Hochschule sind drei Zonen vorgesehen: Im Süden zunächst die Verkehrszone mit einem Parkplatz und einer Grünfläche als Puffer zur viel befahrenen Straße, dann die sogenannte Lernzone mit den Kubatorobjekten und dem sie verbindenden Eingangsplatz und schließlich im Norden die Erholungszone mit einem Amphitheater, die über Grünflächen mit dem Weichselboulevard verbunden ist.
Entstanden ist ein moderner Komplex mit einer Gesamtfläche von rund 18.500 m2. Dabei sind die Gebäude der didaktischen Pavillons horizontal streng gegliedert. Für die Fassadengestaltung waren von Anfang an Klinker vorgesehen; große Klinker- und Glasflächen wechseln sich in gleichen Abständen ab. Die geschwungenen, ellipsenförmigen Komplexe der Hörsäle bilden dazu einen gelungenen Kontrast. Beachtenswert sind einige dekorative Fassadendetails, z. B. Reliefs, die mit den Röben Klinkern gestaltet wurden. Diese Wände dringen zum Teil in das Innere des Gebäudes ein und arrangieren so den funktionalen Raum. Die Wände der Hörsäle im Inneren der ellipsenförmigen Gebäude wurden ebenfalls teilweise verklinkert.
Bewusster Umgang mit Formen und Details
Die Architektur des Komplexes ist eindeutig durch die Funktion definiert und deshalb bewusst sparsam an Formen und Details. Für die Fassade wurden im Wesentlichen nur drei Materialien verwendet: Röben Klinker NEUMARKT herbstlaub, Alu-Elemente im Bereich der Fenster und des Daches sowie Sandstein aus Mucharz für den Sockel. Bei der Gestaltung des Baukörpers finden sich Reminiszenzen an die Architektur des Kollegium Novum der Jagiellonski-Universität aus dem 19. Jahrhundert, einem der bekanntesten Hochschulobjekte in Krakau. Dies gilt sowohl für die Form des Haupteinganges, als auch für die Verwendung der Ziegel für die Fassaden. Sie bilden damit das für diese Hochschule typisches Merkmal. „Ich habe festgestellt, dass gerade der Röben Klinker mit seiner ungleichmäßigen, edlen Färbung den Charakter der Hochschule wiedergibt,“ erläutert der Architekt Krzysztof Kiendra. „Ich habe dabei sowohl die Qualität der Ziegel als auch die Referenzen der bisher mit Röben-Klinkern erstellten Objekte berücksichtigt.“
Das architektonische Gesamtkonzept ist insgesamt ein großer Erfolg. So wurde das Objekt in Polen 2004 als „Bau des Jahres“ und 2005 als „Beste Realisierung des Jahres in Krakau“ ausgezeichnet.
Architekt Krzysztof Kiendra, Architekturbüro DDJM, Krakau (PL)
Fotos: Arch & graph design, Wroclaw