Kopfstand - Studierendenwohnanlage in Ludwigsburg
Foto © Röben/Cornelia SuhanAuf einem Teilabschnitt der 1903 erbauten Karlskaserne in der schwäbischen Barockstadt Ludwigsburg haben Reichel Schlaier Architekten ein neues Studierendenwohnheim geschaffen. Die hochwertig detaillierte Klinkerarchitektur stellt eine gelungene Anbindung an die mittlerweile umgenutzten Kasernengebäude her. Klinker: Röben Objektsortierung WINDSOR.
„Das Projekt setzt sich zusammen aus zwei klar und präzise ausformulierten Klinkerbauten, die gemeinsam einen begrünten Innenhof umschließen und die in ihrer Orthogonalität die Architektur der historischen Kasernengebäude aufgreifen“, beschreibt Architektin Elke Reichel das Konzept. „Das winkelförmig geschnittene äußere Volumen begrenzt den Block nach Süden und Osten zur Friedrichstraße und zur Königsallee. Der rückseitig nach Nordwesten angrenzende zweite Riegel schafft eine klare Platzkante zum Innenhof und öffnet das Ensemble zum benachbarten Wohnturm aus den 1960er-Jahren sowie zu dem nördlich angrenzenden Seminar- und Ausbildungszentrum.“
Hochwertige Klinkerarchitektur
Beide Baukörper sind nach außen hin fünf- bzw. fünfeinhalbgeschossig ausgebildet, das Hofgebäude umfasst entsprechend der leichten Hanglage ein zusätzliches Geschoss zum begrünten Zentrum. In der Summe sind 229 Wohneinheiten in 3er- bis 8er-Wohngemeinschaften entstanden. Komplettiert wird das Raumangebot durch ebenerdig gelegene Gemeinschaftsflächen mit direktem Zugang zum Freibereich sowie insgesamt 230 Fahrradstellplätze im Keller und im Innenhof. Zusätzlich gibt es drei oberirdische Carsharing-Stellplätze, vier E-Ladestationen sowie 31 PKW-Stellplätze.
Großen Wert legten die Planer auf die Gestaltung der Fassaden: „Ausgehend von der historistischen Backsteinarchitektur der ehemaligen Kasernengebäude entlang der Königsallee stand die Wahl von Klinkern dabei schon frühzeitig fest“, berichtet Büropartner Peter Schlaier. Ebenso wichtig war es den Architekten, eine klare Zäsur zum Bestand zu schaffen, um so die Eigenständigkeit des Neubaus zu unterstreichen. Im Ergebnis fiel die Wahl auf die Röben-Objektsortierung WINDSOR im Normalformat. Die blau-braunen Steine mit feinem, partiellen Glasurschmolz ermöglichen eine stimmige Einbettung in die Umgebung, heben sich dabei aber deutlich sichtbar von den gelblich-braun verklinkerten Bestandsbauten ab.
Kopfstand im Mauerwerk
Ein wichtiges Detail der Architektur sind die dreiecksförmig an verschiedenen Positionen der Fassade hervortretenden Erkerfenster, die eine subtile Unterbrechung der sonst vorherrschenden Orthogonalität bewirken. Eine zusätzliche Belebung der Fassade wird durch die Ausbildung sämtlicher Flächen im Wilden Verband sowie durch die geschossweise umgesetzte Schattenfuge erreicht, die durch eine leicht zurückspringende Schicht mit dem Röben Klinker FARO schwarz nuanciert im Dünnformat rund um die Gebäude erzeugt wird.
Zwei weitere charakteristische Fassadendetails sind der Wechsel der Fugenfarbe mit der Höhe der Geschosse sowie die mosaikartige Gestaltung von Erd- und Untergeschoss. Denn im Kontrast zu den darüber liegenden Ebenen findet sich hier ein Wechsel von jeweils drei Läuferschichten und einer darüber liegenden Grenadierschicht mit vertikal, auf ihren Köpfen stehend vermauerten Steinen. Für einen zügigen Baufortschritt lieferte Röben alle erforderlichen Stürze, passend mit der zurückgesetzten Schicht zur Fortführung der Schattenfuge. Je nach Anforderung kamen mit Konsolankern abgehängte, als auch direkt aufgelegte Fertigteilstürze zur Ausführung. Die Planung und Herstellung der verschiedenen Fertigteil-Elemente erfolgte durch die Röben-Fertigbauabteilung. Das Ergebnis ist hochwertig gestaltete Architektur, die auf den ersten Blick die Liebe der Planer zum Werkstoff Klinker erkennen lässt.
Planung: Reichel Schlaier Architekten, Stuttgart
Drei Fragen an Elke Reichel und Peter Schlaier über die Studierendenwohnanlage in Ludwigsburg
Frau Reichel, Ihr Büro ist bekannt für hochwertige Klinkerarchitekur. Woher rührt diese Vorliebe und welche Qualitäten hat das Material für Sie?
Prof. Elke Reichel: Eigentlich kommen wir vom leichten transparenten Bauen. Verschiedene Projekte haben es jedoch erforderlich gemacht, uns mit einem steinernen Kontext auseinanderzusetzen. Unser erstes Klinkerprojekt für das Unternehmen Kärcher in Winnenden entstand auf dem Footprint einer alten Ziegelei. Hier bot es sich an, dem Standort Rechnung zu tragen und in Klinker zu bauen. Ursprünglich wollten wir gebrauchte Steine der alten Ziegelei verwenden, die schlussendlich aber nicht ausreichend tragfähig waren. Ein weiteres Projekt entstand ebenfalls in Ludwigsburg: Das Kallenbergsche Areal, ein neuer Stadtbaustein mit Ärztehaus, Hotel und Gewerbeflächen. Auch hier sollte das Material mit der Nachbarschaft harmonieren. Unsere Wahl fiel auf ein helles Sichtmauerwerk.
Warum haben Sie sich auch beim Wohnbau für Studierende in Ludwigsburg für das Material Klinker entschieden?
Prof. Elke Reichel: Ludwigsburg ist eine Barockstadt. Deshalb gibt es hier viele verputzte Gebäude, aber durch diverse Stadterweiterungen auch viele historische Gebäude aus Klinker. Die Garnisonskasernen in direkter Nachbarschaft bestehen ebenfalls aus aufwändig gestalteten farbigen Klinkerfassaden. Unsere Intention war es, dass sich das Gebäude gut einreiht und die Solitärbauten ergänzt. Außerdem wollten wir eine langlebige Fassade schaffen, die wenig Wartungsaufwand erfordert und dauerhaft ist.
Welches Fassadenkonzept haben Sie vor Ort verfolgt? Welche Rolle spielen die eingesetzten Röben-Klinker dabei?
Peter Schlaier: Wir haben einen schönen Klinker gesucht, der sich gut in die Umgebung einfügt, lebendig ist und natürlich aussieht. In direkter Nachbarschaft stehen ein Seminargebäude sowie ein Wohnturm für Studierende, in denen rotbraune Klinker im Inneren, aber auch an der Fassade verbaut wurden. Wir wollten hierauf Bezug nehmen und haben explizit nach einem ähnlichen Stein gesucht. Bei Röben sind wir fündig geworden. Der Objektstein WINDSOR hat intensive Farbnuancen, ist gut gemischt, sieht nicht künstlich aus und einzelne Steine haben einen leichten Glanz in der Oberfläche. Mithilfe verschiedener Fugenfarben haben wir der hohen Fassade Proportion und Struktur gegeben und einen Sockel herausgearbeitet.