Perspektivwechsel – Verlagsgebäude in Lingen
Foto © Röben/Hans Jürgen LandesVorne Glas, hinten Backstein: Das neue Verlagsgebäude der NOZ in Lingen zeigt sich bewusst janusköpfig. Planung: Eden Architekten, Leer. Klinker: Röben SHEFFIELD.
In direkter Nähe zur Altstadt hat die Neue Osnabrücker Zeitung NOZ ihr neues Quartier fertiggestellt. Der Neubau integriert sämtliche Büros der Redaktion sowie den Medienvertrieb Emsland und die PR-Agentur Medienhaus Emsland. Er umfasst zudem öffentlich buchbare Veranstaltungsräume sowie Hörsäle und Büros für die Hochschule Osnabrück. Zusätzlich wurden acht Wohnungen geschaffen, im Erdgeschoss hat sich ein Burger-Laden eingemietet.
Zwei Gesichter
Mit der Planung des Projektes war 2018 das Büro Eden Architekten aus Leer beauftragt worden. Ausgehend von der Grundstückslage an der viel befahrenen Bernd-Rosemeyer-Straße und einem rückseitig gelegenen kleinen Park mit altem Baumbestand entwickelten die Planer einen spannungsreich gestalteten Klinkerbau mit extrem unterschiedlichen Ansichten: In Richtung Osten öffnet sich das drei- bis viergeschossig ausgebildete Gebäude mit einer großflächigen Pfosten-Riegelfassade aus Aluminium und Glas selbstbewusst zur Straße. Das deutliche Einknicken des Baukörpers sowie die leichte Auskragung der Glasfassade oberhalb des verklinkerten Erdgeschosssockels sorgen dabei für Präsenz und Skulpturalität und lassen gleichzeitig einen einladenden Vorplatz entstehen.
Ganz anders der Eindruck auf der zur Altstadt hin orientierten Parkseite des Gebäudes, die sich mit einer homogen verklinkerten Lochfassade und mit einer üppigen Bepflanzung des Außenraumes zurückhaltend in den Grünraum in Richtung der Bonifatius-Kirche einfügt. Im Kontrast dazu steht das deutlich zurückversetzte, mit acht Wohnungen belegte Staffelgeschoss, das abweichend die schimmernde Pfosten-Riegelfassade der Frontfassade fortführt: „Letztlich ist also eine Umkehrung der Straßenansicht mit ihrem Klinkersockel im Erdgeschoss entstanden“, erklärt Architekt Dirk Terfehr, Büroinhaber von Eden Architekten. Für Geschlossenheit und Intimität auf der Parkseite sorgt auch hier die abgeknickte Gebäudekubatur. Im ersten Obergeschoss haben die Planer ein Café mit halbkreisförmig vorkragender Außenterrasse eingefügt, das ebenso wie der darunter gelegene Veranstaltungsraum mit seiner offenen Glasfassade als beliebter Treff- und Kommunikationspunkt für die Mitarbeiter der NOZ dient.
Historischer Bezug
Ein weiteres wichtiges Element der Architektur ist der öffentlich nutzbare, mit tragenden Säulen akzentuierte Unterschnitt im Erdgeschoss, der eine offene Verbindung zur Straße schafft. „Ganz wichtig war uns, dass der Neubau nicht in Konkurrenz zu seiner Umgebung tritt, sondern sich insbesondere auf seiner Parkseite sensibel in die vorhandenen Stadtstrukturen einfügt“, beschreibt Gerhard Eden das Konzept. Die Wahl von Klinkern als dem klassischen und zeitlosen ortstypischen Material der Stadt Lingen und der Region stand damit schon zu Beginn der Planung fest. Auf Basis einer vorherigen Bemusterung kam schließlich der Röben Klinker SHEFFIELD im Normalformat zum Einsatz. Die Steine nehmen Bezug zu den historischen Fassaden der Altstadt und erinnern damit an das Fassadenmaterial, das in Lingen seit dem Mittelalter allgegenwärtig ist.
„Ausgehend von der besonderen Geometrie des Gebäudes wollten wir ganz bewusst eine betont plastische Fassade erreichen“, beschreibt Dirk Terfehr die Entwurfsgedanken seines Büros. „Ein wichtiges Element dazu sind die verschiedenen, teilweise 75 Millimeter tiefen Vor- und Rücksprünge im Mauerwerk.“ Unterstrichen wird der ausdrucksstarke Charakter der Fassade durch eine hellgraue Verfugung und die Ausbildung des Mauerwerks im Wilden Verband.
Multi-Lösung Ziegelfertigteile
Für einen zügigen Baufortschritt sowie aus statischen Gründen wurden 74 Fertigteil-Stürze mit einer Länge von insgesamt 147 Metern sowie 121 vorgefertigte Fassadenelemente eingesetzt, die neben den genannten Rücksprüngen auch den im Zwischenraum zur Tragkonstruktion platzierten Sonnenschutz ermöglichen: „Die vom Röben PlanungsService vorgeschlagenen und schließlich produzierten Fertigteile liefern somit drei Lösungen: Die Rücksprünge, die konventionell so nicht hätten gemauert werden können, sind realisierbar, sie lassen ausreichend Platz für den Sonnenschutz und die erforderliche Statik zur Abfangung oberhalb im Mauerwerk auftretender Lasten ist gewährleistet “, so Dirk Terfehr. Für eine optisch überzeugende Umsetzung war außerdem bereits bei den „normalen“ Stürzen im Erdgeschoss die Steinfolge des Mauerwerksverbandes detailliert festgelegt worden, damit sich die Mauerwerkspfeiler am Übergang zu den darüber liegenden Geschossen unsichtbar mit den eingesetzten Fertigteil-Brüstungen und Fertigteil-Stürzen verbinden ließen. Das Ergebnis ist ein harmonisches Fassadenbild, das sich mit seiner kraftvollen Detaillierung hervorragend ins Stadtbild einfügt.
Planung: Eden Architekten, Leer