Kunst am Gleis - »Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne«
Foto © Röben/Cornelia SuhanSpektakuläre Architektur von Barozzi Veiga aus Barcelona: Beeindruckend präsentiert sich das neue Kunstmuseum im schweizerischen Lausanne, für das die Architekten mit dem Grand Prix sowohl des internationalen Preises für Backsteinarchitektur als auch des DNA Paris Design Award ausgezeichnet wurden! Die 84 vom Röben PlanungsService bis ins Detail ausgearbeiteten, jeweils nur 24 Zentimeter dicken und erdbebensicher geplanten Fertigteilpilaster wurden mit rund 5.700m² Keramik-Klinkerriemchen gefertigt, das übrige Mauerwerk wurde konventionell erstellt: BRICK-DESIGN© Objektsortierung AARHUS weißgrau.
Die hellgraue Klinkerarchitektur wird insbesondere durch die kraftvoll gestaltete Lamellenfassade bestimmt, die den Bau zur Stadt hin öffnet.
Erdbebensicher: Planung und Herstellung der Pilaster
Eigentlich hätte das »Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne« ja direkt am Ufer des Genfer Sees errichtet werden sollen. Die Kulisse hätte sicher auch ihren Reiz gehabt, keine Frage. Stattdessen aber hatte sich die Stadt dazu entschieden, ein schon länger brach liegendes altes Lokdepot in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof als Standort für ihre neue Museumsmeile zu nutzen. Ein Grundstück also, das rückseitig direkt an die Bahntrasse grenzt, und das statt von der Aussicht aufs Wasser vor allem vom industriellen Charme längst vergangener Tage lebt.
Mit der Masterplanung für das neue Kunstquartier „Plateforme 10“ sowie mit der Planung des ersten der drei dort vorgesehenen Museumsbauten war anschließend auf Basis eines europaweit ausgeschriebenen Wettbewerbs das Büro Barozzi Veiga aus Barcelona beauftragt worden. Rund acht Jahre später ist ihr Haus für Bildende Kunst jetzt eröffnet worden. Und dabei zeigt sich, dass die Planer die ungewöhnlichen Qualitäten des nicht ganz einfachen Standortes souverän zu nutzen wussten. Ausgehend von der Lage und der reizvollen Historie des Areals entstand ein hell verklinkerter, fast 150 Meter langer Baukörper, der sich nach Norden durch eine symmetrische Lamellenfassade mit gezielt gesetzten Fenstern zur Stadt öffnet. In Richtung der Bahntrasse präsentiert sich der Bau demgegenüber beinahe geschlossen, um das Gebäude so vor dem Lärm des Schienenverkehrs abzuschirmen. Unterbrochen wird die langgestreckte monolithische Front lediglich durch die Überreste der noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Bahnhofshalle mit ihrem großen Bogenfenster, die mittig aus der Fassade hervorstößt.
Mit dem kontrastreich inszenierten Zusammenspiel von Alt und Neu gelingt nicht nur ein Bezug zur vormaligen industriellen Nutzung, es prägt auch den Charakter der gebäudehoch ausgebildeten Eingangshalle, wo der große Fensterbogen zugleich die Deckenform bestimmt. Direkt anschließend an das Foyer wurden eine Bibliothek, ein Buchladen, ein Auditorium sowie ein Projektraum für Workshops und kurzfristige experimentelle Ausstellungen integriert, in den beiden oberen Stockwerken des Museums schließen sich die Räumlichkeiten für die Dauer- und Wechselausstellungen an.
Prägend ist vor allem die ungewöhnlich detaillierte Nordansicht in Richtung des neu geschaffenen öffentlichen Platzes, die durchgehend von 22 Meter hohen lamellenartigen Pilastern bestimmt wird. Die jeweils 1,50 Meter vorstehenden und im Abstand von ebenfalls 1,50 Meter ausgebildeten Lamellen gliedern die langgestreckte Klinkerfassade und verhindern, dass direktes Sonnenlicht ins Gebäude eindringen kann. Das helle Grau der Klinker reflektiert dennoch ausreichend indirektes Licht in die Innenräume. Bei Dunkelheit zerstreuen die Pilaster andererseits das von innen kommende Licht und erzeugen so eine angenehme, beinahe magische Lichtstimmung auf dem neu geschaffenen Platz vor dem Museum.
Um die Vorstellung der Architekten ihres individuellen Klinkers „in Richtung Grau“ genauer zu definieren, wurden immer wieder neue Versuchsbrände hergestellt. Dabei wurden Oberflächenstruktur und Farbe der Klinker weiter verfeinert, bis das Ergebnis ausfiel wie gewünscht. Es war ein Prozess intensiver Zusammenarbeit aller an der Gebäudehülle Beteiligten, bis ein originalgetreues Mock-up erstellt werden konnte. Anhand dieses Anschauungsmodells mit dem inzwischen endgültig festgelegten Objektklinker fielen letzte Entscheidungen der Architekten und Bauherren: Fenster-, Fugen- und Betonfarbe, Fensteranschlüsse und weitere Ausführungsdetails.
Die vom Röben PlanungsService bis ins Detail ausgearbeiteten, jeweils nur 24 Zentimeter dicken und erdbebensicher geplanten Fertigteilpilaster wurden mit rund 5.700m² Keramik-Klinkerriemchen gefertigt. Insgesamt wurden 338 Fertigteil-Elemente in einer Breite von 1,50 bis 4,50 Meter und einer Höhe von 2,0 bis 6,7 Metern produziert. Zusätzlich wurden 145 Fertigteilstürze und Fensterbänke sowie 237 Attikaabdeckungen auf die Baustelle geliefert. Die rund 5.800m² der übrigen drei Fassaden des Baukörpers wurden konventionell aufgemauert.
2x Grand Prix-Gewinner:
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