Klinker
Klinkerriemchen
AARHUS
weißgrau
Klinkerriemchen
CALAIS
carbon
Klinker
Klinkerriemchen
CHELSEA
basalt-bunt

Rhythmisch gefaltet - das Johannquartier in Dresden

Foto © Röben/Cornelia Suhan

Inmitten umliegender Plattenbauten aus den 1970er-Jahren schafft das „Johannquartier“ nach Plänen des Berliner Büros Thomas Müller Ivan Reimann eine hochwertige Wohnbebauung in direkter Nähe zur Dresdener Altstadt. Die Fassaden wurden mit verschiedenen Röben Klinkerriemchen gestaltet.

Östlich vom historischen Zentrum Dresdens ist seit den 1870er-Jahren die Johannstadt als gründerzeitliche Erweiterung großflächig erschlossen worden. Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg lagen weite Teile dieser Vorstadt jedoch brach und wurden im Zuge des Wiederaufbaus in neuen Formen überbaut. Zwischen Holbeinstraße und südlichem Elbufer wurden seinerzeit zehn- bzw. fünfzehngeschossige Wohnhochhäuser in Plattenbauweise aus der Erde gestampft, in direkter Nachbarschaft liegt außerdem der sukzessiv erweiterte Campus der ehemaligen Ingenieurhochschule mit seinen verschiedenen Hochschulgebäuden unterschiedlichen Alters.

 

Inmitten dieser überaus heterogenen Bebauung ist zuletzt das Johannquartier neu entstanden. Das nach Plänen des Berliner Büros Thomas Müller Ivan Reimann in heller Klinkerarchitektur gestaltete Ensemble setzt sich zusammen aus vier miteinander verbundenen Baukörpern, die auf einer Fläche von 17.300 Quadratmetern 196 modern ausgestattete Wohneinheiten mit Größen zwischen 38 und 99 Quadratmetern zur Verfügung stellen. Alle Wohnungen bieten einen Balkon oder eine Terrasse, zur Ausstattung gehören außerdem hochwertige Parkettfußböden, Fußbodenheizung sowie bodengleiche Duschen. Komplettiert wird das Raumprogramm durch drei Gewerbeeinheiten in den Erdgeschossen sowie eine Tiefgarage mit 120 Stellplätzen.

 

Ungewöhnliche Grundrissform

Ausgehend von der heterogenen Bebauung zwischen Dürer-, Holbein,- und Hans-Grundig-Straße haben die Architekten ein differenziertes Gestaltungskonzept vorgelegt, das den Charakter und die Qualität der ehemaligen Gründerzeitbebauung in der Johannstadt neu belebt und in die Gegenwart übersetzt. Die unterschiedliche Höhe der einzelnen Volumina zwischen sechs und acht Geschossen vermittelt dabei geschickt zwischen den diversen Bebauungsstrukturen der Umgebung. Ein gelungener Reflex auf das Umfeld ist außerdem die ungewöhnliche Grundrissform des Ensembles. Denn ausgehend von einer erhalten gebliebenen Baumreihe entlang der Hans-Grundig-Straße haben die Architekten das Bauwerk rund um einen kleinen Vorplatz deutlich zurückspringen lassen und auch auf der Ostseite einen offenen Innenhof ausgebildet. Durch die versetzte Anordnung der einzelnen Volumen hat sich ein S-förmig abgestufter Grundriss ergeben, der sich wohltuend vom starren Raster der angrenzenden Bebauung abhebt.

 

Fortgesetzt wird diese städtebauliche Gliederung durch eine abwechslungsreiche plastische Gestaltung der Fassaden mit variierenden Gestaltungselementen: „Die einzelnen Gebäudeköpfe haben wir dabei als markante Endpunkte hervorgehoben, während die ausgedehnten Fassaden entlang der Straße und zum Park durch gefaltete Balkone eine rhythmische Struktur erhalten haben“, beschreiben Thomas Müller und Ivan Reimann das Konzept. Die Balkone der kleineren Wohnungen an der Straßenseite orientieren sich dabei nach Südwesten, die Balkone der größeren Wohnungen zur Parkseite nach Südosten.

 

Abwechslungsreich gestaltete Klinkerfassaden

Unterstützt wird die Wirkung der Architektur und der langen, gefalteten Balkonbänder durch die Fassadengestaltung mit kontrastierenden Klinkerriemchen. Die Materialwahl sorgt für eine deutliche Zäsur inmitten der Umgebung und betont auf den ersten Blick den wertigen Charakter der Architektur. Im Zuge der Umsetzung war in einem ersten Schritt gemeinsam mit dem Objektberater von Röben ein Farbkonzept erarbeitet worden, das für eine maximale Vielfalt eine Kombination von vier unterschiedlichen Röben Klinkerriemchen-Sortierungen umfasst: „Als Grundfarbe haben wir eine Mischung der beiden hellen Sortierungen AARHUS weißgrau und CALAIS carbon festgelegt, für die geschossweise ausgebildeten horizontalen Fassadenbänderungen und die feine, beinahe reliefartige Linienstruktur zwischen den Fenstern kam zusätzlich eine Mischung der beiden blau-anthrazit anmutenden Riemchen-Sortierungen MANCHESTER und CHELSEA zum Einsatz“, beschreiben Thomas Müller und Ivan Reimann die Auswahl.

 

Zur Unterstützung der Fassadengliederung und zur Strukturierung der großen ebenen Wandflächen hatten die Architekten Steine mit einem möglichst spannenden Kontrast gesucht. Ganz bewusst unterscheiden sich die Röben-Riemchen deshalb in Farbe und Oberfläche: „Die hellen Steine haben eine raue, sandige Oberfläche; die dunklen besitzen eine glattere, leicht glänzende“, erklären Thomas Müller und Ivan Reimann. „Auf den ersten Blick und von weitem nimmt man den Hell-Dunkel-Kontrast wahr, von nahem zeigt sich dann der feine Unterschied in der Oberflächenstruktur. Diese unterschiedlichen Ebenen verleihen dem Haus Lebendigkeit und Maßstäblichkeit. Die umlaufend gleiche Gliederung musste dabei genau auf die gefalteten Balkone und Fensteröffnungen abgestimmt und geplant werden.“

 

Auf der Baustelle wurden die durchweg im Normalformat gelieferten Riemchen im homogenen Läuferverband mit beigefarbenen Fugen verarbeitet. Die Umsetzung der Übergänge zu den verputzten Decken über den Balkonen stellte dabei aufgrund des geringen Eigengewichts der Riemchen statisch kein Problem dar. Um andererseits die zahlreichen Winkel ungleich 90° ausbilden zu können, stellte Röben exakt passende Winkelriemchen aus auf Gehrung geschnittenen und unsichtbar verklebten Standardriemchen her. Ergänzt wird der lebendige Fassadeneindruck durch die anthrazitfarbenen Fensterrahmen und Brüstungsgeländer. Im Zusammenspiel von plastischer Formgebung und variantenreich gestalteter Außenhülle ist den Beteiligten ein hochwertiger Neubau gelungen, der perspektivisch als wichtiger Impuls und als Maßstab für die weitere Entwicklung der Johannstadt fungieren wird.

 

 

Planung: Thomas Müller Ivan Reimann Architekten